Die Kronenvariante BQ.1.1 breitet sich weiter aus. Aufgrund der hohen Kontaminationswahrscheinlichkeit trägt er aus der griechischen Mythologie den Spitznamen Cerberus – „Höllenhund“. Wie gefährlich ist die Variante? Von Anja Braun und Ralf Kölbel, SWR

BQ.1.1 ist ein Nachkomme der Nebenvariante BA.5. Es ist derzeit für viele Neuinfektionen in den USA verantwortlich. Aber auch in Europa verbreitet sich BQ.1.1 immer mehr. Die europäische Seuchenbekämpfungsbehörde ECDC geht davon aus, dass die BQ.1-Variante inklusive ihrer Unterlinien für mehr als 50 Prozent der SARS-CoV-2-Infektionen von Mitte November bis Anfang Dezember 2022 verantwortlich sein könnte.

Das Robert-Koch-Institut schreibt in seinem aktuellen Wochenbericht zu Covid-19, dass die Rate dieses Erregers in einer Probe in der vergangenen Woche bei über acht Prozent gelegen habe, was einer Vervierfachung der Rate in den letzten vier Wochen entspreche.

Verantwortlich für die nächste große Corona-Welle?

Die WHO zielt auch auf Mikron-Subvarianten ab. Viele Experten spekulieren, dass BQ.1.1 noch vor Ende November für die nächste große Coronavirus-Welle in Europa und Nordamerika verantwortlich sein wird.

Schließlich hat BQ.1.1 einen Übertragungsvorteil von über zehn Prozent gegenüber der derzeit dominierenden Subvariable omicron BA.5. Das teilte Cornelius Römer vom Biozentrum der Universität Basel Anfang Oktober auf Twitter mit.

Neuartige Veränderungen im Spike-Protein

Dadurch können sich Menschen schneller anstecken. Bioinformatiker Römer beobachtet BQ.1.1. seit September und twittert: „Ihr relativer Anteil hat sich jede Woche mehr als verdoppelt.“ Im Vergleich zur Omicron BA.5-Variante trägt die neue Subvariante weitere Mutationen im Spike-Protein mit sich.

Im Interview mit tagesschau24 weist der Bioinformatiker Richard Neher von der Universität Basel auf das hohe Übertragungspotential der Virusvariante BQ.1.1 hin: Das Virus mutiert an den Stellen, an denen Antikörper an das Spike-Protein binden. Und wenn sich das Virus in diesen Teilen verändert, dann binden auch diese Antikörper, die wir zum Beispiel durch Impfungen oder überstandene Infektionen gebildet haben, nicht mehr. Daher werden auch Viren nicht mehr erkannt und können dann zu einer Infektion führen, obwohl die Antikörper grundsätzlich vorhanden sind.

Immunflucht durch Mutation

Coronaviren dringen durch das Spike-Protein in die Zellen ein. Und wegen Mutationen im Spike-Protein kann auch das Immunsystem das Virus nicht mehr erkennen. Die Folge: Das mutierte Virus kann dem Immunsystem noch besser entkommen als bisherige Varianten. Die Variante „Immune Escape“ macht die „Hölle“ so ansteckend – auch für Geimpfte und Genesene. Ein Infizierter steckt 60 bis 80 Prozent mehr Menschen an als ein Infizierter mit BA.5 – so Datenspezialist Gerstung vom DKFZ im BR.

Omicron-Impfstoffe bieten Schutz vor schweren Krankheiten

Aber es gibt auch positive Aspekte. Schließlich ist „Hellhound“ ein Nachkomme der Omicron-Variante, kein Untertyp von Delta – was als potenziell gefährlichere Mutation gilt und zu mehr Krankenhauseinweisungen geführt hat. Und da BQ.1.1 von BA.5 abgeleitet ist, kann eine BA.5-Auffrischungsimpfung vorteilhaft sein. Der amerikanische Immunologe Anthony Fauci sagte gegenüber CBS-News: „Der bivalente BA.5-Impfstoff wirkt nicht nur gut gegen die dominante BA.5-Variante, sondern schützt auch vor neuen Sublinien von BA.5.

Zudem schützen die aktuellen Impfstoffe gegen das Coronavirus weiterhin vor schweren Ereignissen und Todesfällen – erklärte die Präsidentin der Deutschen Immunologischen Gesellschaft, Christine Falk. Er sagt auch, dass die BQ.1.1-Mutationen zwar auf eine potenziell effizientere Übertragung hinwiesen, aber nicht bedeuteten, dass alle Abwehrkräfte umgangen worden waren.

Bereits hohe Grundimmunität in der Bevölkerung

Das bedeutet: Schutz vor schwerer Erkrankung und Tod sollte laut Immunologen bei Menschen mit gesundem Immunsystem generell von empfohlenen Impfungen vorenthalten werden.

Auch Bioinformatiker Neher sagt gegenüber tagesschau24: „Fast jeder hat mittlerweile eine gewisse Immunität, entweder durch Impfungen oder durch eine überstandene Infektion. Und diese Immunität geht auch nicht weg. Das bedeutet, dass wir diese ernsthaften Lektionen nicht noch einmal erwarten.“ waren am Anfang da, als es überhaupt keine Immunität in der Bevölkerung gab.”