Stand: 18.11.2022 19:55
Jahrelang ging die Entwicklung des Luftverteidigungssystems FCAS nicht voran. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums wurde nun eine Einigung zwischen Frankreich, Spanien und Deutschland erzielt. Was soll FCAS bringen? Von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio
Lange Zeit gab es ein Problem mit der Zusammenarbeit beim europäischen Luftverteidigungssystem FCAS. Nun steht offenbar ein wichtiger Schritt bevor: Das Projekt könnte bald in Phase 1B, also Pre-Prototyping, übergehen. Die Bundesregierung hofft auf eine rasche Einigung über den nächsten Schritt. Denn es ist? Und wie geht es weiter? Logo SR Uli Hauck ARD-Hauptstadtstudio
Was ist FCAS?
Das sogenannte Future Combat Air System, kurz FCAS, soll die Zukunft der Luftwaffe sein. Es ist Europas größtes Rüstungsprojekt und soll bisherige Kampfjets wie den Eurofighter ab 2040 zumindest teilweise ersetzen. Es wird nicht nur ein Flugzeug konstruiert, sondern ein vernetztes System aus bemannten Kampfflugzeugen und unbemannten Drohnen, die für Kampf und Aufklärung zusammenarbeiten .
An der Umsetzung sind neben Deutschland Spanien und Frankreich beteiligt, das für die Entwicklung verantwortlich ist. Das milliardenschwere FCAS-Projekt wurde 2017 von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ins Leben gerufen. Es war der gemeinsame deutsch-französische Wunsch, dass die beiden konkurrierenden Ausrüster Airbus und Dassault Aviation zusammenarbeiten. Doch das erweist sich als schwierig und hat das FCAS-Projekt immer wieder verzögert.
Wo liegen die Probleme?
Bisher haben Airbus und Dassault Aviation die Kampfjets Eurofighter und Rafale selbst gebaut, aber die Politik will, dass sie bei FCAS eng zusammenarbeiten. Dassault soll das Herzstück des Future Combat Air Systems bauen, den sogenannten „Next Generation Fighter“. Airbus soll für Schwärme von Drohnen mit künstlicher Intelligenz und eine “Battle Cloud” verantwortlich sein, um Daten innerhalb des Luftkampfsystems auszutauschen. Das klingt nach einer klaren Aufgabenteilung, aber der Teufel steckt im Detail.
Denn zwei Ausrüster mit unterschiedlichen Kulturen treffen aufeinander, die in Zukunft geistiges Know-how teilen sollen. Während Airbus traditionell ein multinationales Unternehmen mit starker Staatsbeteiligung ist, sind Dassault und seine Zulieferer in erster Linie ein bedeutender Produzent für das französische Militär.
Bislang hält Dassault die Eigentumsrechte an dem zu entwickelnden Kampfjet, dem „Next Generation Fighter“. Das bedeutet, dass die Franzosen lange Zeit nicht bereit waren, ihr technisches Wissen mit Airbus oder der deutschen Bundeswehr zu teilen. Dies löste eine monatelange Kontroverse aus, die den ursprünglichen Zeitplan umwarf. Inzwischen ist das Bundesverteidigungsministerium jedoch zuversichtlich, dass die Probleme mit dem geistigen Eigentum trotz politischen Drucks gelöst sind. Der Prototyp für den „New Generation Fighter“ soll nun 2028 fertig sein, zwei Jahre hinter dem Zeitplan.
Wer bezahlt FCAS?
Obwohl Spanien seit 2019 am FCAS-Projekt teilnimmt, spielen Deutschland und Frankreich die Hauptrolle. Umso wichtiger wäre daher eine gute Zusammenarbeit auf politischer Ebene, aber hier hing es schlussendlich. Auch weil es strategische und kulturelle Unterschiede gibt. Während Deutschland bei früheren Rüstungsprojekten wie Tornado und Eurofighter auf europäische Zusammenarbeit setzte, entschied sich Frankreich oft für eigene nationale Entwicklungsansätze. Dementsprechend ist auch die Rüstungsindustrie eng mit dem Staat verflochten. Aber Frankreich kann und will das komplexe Future Combat Air System nicht alleine finanzieren. Denn erste Kostenschätzungen liegen bereits bei 100 Milliarden Euro, doch die Erfahrung hat gezeigt, dass es teurer werden dürfte.
Durch den Wechsel von Projektphase 1A nach 1B steigen die Kosten. Allein im deutschen Verteidigungshaushalt sind für das kommende Jahr fast 480 Millionen Euro eingeplant. Sie wurden jedoch noch nicht vom Parlament gebilligt. Dies kann sich nach der Grundvereinbarung ändern.
Und auch wenn jetzt die FCAS-Entwicklung startet, ist damit noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, ob der „New Generation Fighter“ tatsächlich von der Bundeswehr gebaut und beschafft wird. Denn frühere Rüstungsprojekte haben Milliarden geschluckt und sind am Ende sowieso in die Brüche gegangen.